Auch Eltern sind Menschen

Über Selbstachtung, Liebe und das Recht, Grenzen zu haben

Ich habe vor kurzem ein Audio gehört, das mich tief berührt hat – weil es so treffend ausdrückt, was ich selbst seit einiger Zeit empfinde. Daraus ist dieser Text entstanden – zusammen mit meiner eigenen Erfahrung. Vielleicht spricht er auch dir aus dem Herzen.

Wenn erwachsene Kinder mit Respektlosigkeit und falschen Anschuldigungen um sich schiessen

Elternliebe ist kraftvoll – doch sie sollte niemals bedeuten, alles auszuhalten und zu ertragen.

Carl Gustav Jung erinnert uns daran:

„Das Erbetteln der Zuneigung unserer Kinder untergräbt nicht nur unsere Selbstachtung, sondern schwächt auch unsere innere Kraft. Wer sich selbst verlässt, um geliebt zu werden, verliert beides: die Selbstachtung – und oft auch die Verbindung zum Kind.“

Dabei geht es meistens nicht um bewusstes Flehen. Vielmehr opfern sich viele Eltern aus Liebe auf. Sie schlucken Respektlosigkeiten – immer wieder. Wie spitze Steine, die im Inneren tiefe Verletzungen hinterlassen. Und doch geschieht genau das: Aus Liebe und aus Hoffnung.

Aus einem tiefen Wunsch nach Nähe und Verbundenheit.

Gerade bei jenen Eltern, die über Jahre hinweg alles für ihre Kinder gegeben haben: Liebe, Zeit, Geduld, Begleitung, Fürsorge, Finanzielle Unterstützung weit über die Volljährigkeit hinaus – und so vieles mehr. Die da waren mit allem, was dazugehört.

Aber auch Eltern sind Menschen.

Mit einem eigenen Inneren, das gesehen werden will. Mit einem Recht auf Wertschätzung.

Mit einer Seele, die sich entfalten möchte – nicht nur in der Rolle als Mutter oder Vater, sondern im ganzen Sein.

Viele Eltern, die heute unter Rückzug, Schweigen oder Vorwürfen ihrer erwachsenen Kinder leiden, haben mit Liebe, Verständnis und Wohlwollen gehandelt. Sie haben getragen, ermöglicht, organisiert, begleitet – oft weit über ihre eigenen Grenzen hinaus.

Fehler? Ja, selbstverständlich. Aber keine Bosheit. Kein Missbrauch. Keine Vernachlässigung. Keine Gewalt. Sondern das Menschliche, das wir alle in uns tragen: Überforderung, Unsicherheiten, eigene Prägungen.

Denn auch Eltern haben eine Geschichte. Auch sie waren einmal Kinder.

Und trotzdem erleben viele von uns heute Respektlosigkeit, Schweigen, Schuldzuweisungen – und nicht selten wird auf uns projiziert, was wir nie getan oder verursacht haben.

Aber Eltern müssen das nicht still ertragen.

Nicht aus Schuld. Nicht aus einem verzerrten Verständnis von Liebe. Nicht, weil sie glauben „immer da sein müssen“. Auch nicht aus Sorge oder Angst.

Eltern haben und dürfen Grenzen setzen.

Das ist keine Strafe und auch kein Liebesentzug. Sondern ein Handlung der Selbstachtung, der Selbstfürsorge und ein Zeichen von Selbstschutz.

Eigen Grenzen sind nicht gegen das Kind gerichtet – sondern für sich selbst. Für die eigene Gesundheit. Für das innere Gleichgewicht.

Für den eigenen Körper – den einen, den wir haben.

Eine Coachin hat einmal zu mir gesagt:

„Wenn dein Glas an Energie nur noch halb oder ein Viertel voll ist – und du trotzdem weiter gibst, ohne wieder aufzufüllen – was 

bleibt dann übrig?“

Genau das ist der Punkt: Wir können nicht aus der Leere heraus lieben und geben.

Liebe braucht Wurzeln, Kraftquellen, Atemräume.

Etwas, das auch ich mir immer wieder sagen darf.

Wahre Liebe sorgt auch für das eigene wohl. Sie sagt:

Ich liebe dich – und ich schaue auch auf mich.

Ich bin für dich da – aber nicht um jeden Preis.

Ich bin deine Mutter, dein Vater – aber auch ein Mensch mit eigenen Bedürfnissen.

Wenn Eltern aufhören, sich nur um die Probleme ihrer Kinder zu drehen, beginnen sie wieder zu atmen.

Sie holen sich Stück für Stück zurück ins eigene Leben.

Nicht aus Frust – sondern aus Liebe.

Und manchmal – nicht immer, aber manchmal – entsteht daraus wieder echte Nähe.

Nicht aus Schuld oder Druck, sondern durch Klarheit und durch gegenseitige Wertschätzung.

Und wenn das nicht möglich ist?

Weil vielleicht eine psychische Erkrankung, Sucht oder andere Belastung dazwischen stehen – dann braucht es Annahme und ein inneres Anerkennen dessen, was ist.

Und das Vertrauen, dass das Leben auch dann weitergehen darf.

Wir können unsere Kinder nicht vor allem schützen. Sie haben ihren eigenen Lebensweg.

Wir durften sie ein Stück begleiten – und dürfen nun lernen, loszulassen.

Es ist kein Versagen, wenn Eltern sich selbst zurück ins Leben holen. Es ist liebevolle Selbstfürsorge. 

Denn ein tiefes Ja zum eigenen Kind ist kein Nein zum eigenen Leben.

Und für jene Eltern mit mehreren Kindern:

Es wird sich zeigen, dass nicht alle Wege gleich verlaufen.

Manche Beziehungen sind verbunden, kraftvoll und nährend.

Auch das darf sein – ganz ohne schlechtes Gewissen.

Dieser Text ist für all die liebenden, fürsorglichen Eltern. Für Menschen wie meinen Mann und mich, die alles gegeben haben ihre Liebe, ihre Zeit, ihr Wissen, ihre Geduld, ihre Kraft – und heute mit Respektlosigkeit, verbalen Angriffen und falschen Anschuldigungen leben müssen.

Du bist nicht allein.

Ein letzter Gedanke

Wenn du dich gerade in diesem Spannungsfeld wiederfindest – zwischen Liebe und Selbstaufgabe, zwischen Nähe und Schmerz – dann erinnere dich: Du darfst dich selbst wiederfinden. Du darfst heilen. Du darfst dein Leben leben.

Daniela Simmen

Atelier Farbmomente

Seestrasse 97a

8610 Uster

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